Fighting the Monotony of the World

Heinz-Norbert Jocks, Catalogue Essay, 6 April 2006
One should have not imagined his New York studio to be as clean and proper as his seemingly exact pictures would suggest at first glance. Torben Giehler feels much more at home with the Abstract Expressionists than someplace where paint is sorted according to shade and brushed are lined up according to size. As an obsessive painter, he submerges almost orgiastic into rivers of color in the pursuance of an excessive desire of form which leads us on a long journey through virtual worlds of immeasurable dimensions. His work indicates hand-produced painting that has, to some extent, been thought of and planned on a computer but not perfected or executed by it. This painting and everything it evokes is subjected to a pixel aesthetic, as if maintaining a special closeness to the world of science fiction, to that which does not yet exist, and appears to be anything but two-dimensional. An effective transparency, underlined by a breath of sensuality, generates an additional feeling of depth, thanks to the use of acrylic paint which allows several layers to be added in such a way that the bottom-most remain perceptible.

 

In view of that which unfolds before our eyes, sometimes horizontal, now vertical, now labyrinthine, it seems to be no coincidence that this painter settled in exactly the same metropolis that struck Piet Mondrian as the vision of a heavenly Jerusalem. New York, in all its antinatural artificiality, was the city of his dreams, where beauty expresses itself in mathematical terms and where the future artistic temperament thus develops. What unites Giehler and Mondrian is not only the will to encircle the representationalism of subjects with geometric forms and transport them into the abstract, but also the desperate questioning of the principle of reduction, as is best expressed in “Victory (Broadway) Boogie Woogie”, his last, often painted over, and unfinished work of 1944. The pulsing agitation that emanates from his painting has nothing to do with the resolute symmetry of the classical Mondrian, now torn asunder by a surplus of form. The eye experiences a certain degree of confusion induced by a division of pattern, which puts one’s vision to the test. And it is exactly there, where Mondrian stopped, that the art of permanent spatial invention and spatial conquest arising from the intellect of an artist born into and raised in a world shaped by cyberspace, computer games and incomprehensible surge into the virtual begins. A world in which the real and the simulated blend to the point of complete non-distinction.

 

As if wanting to show that populating the world with geometry does not necessarily mean degeneration into monotony, he was drawn from prairie-like- horizons of painted lines full of grid structures and sheathed with colorful nets into the dizzying heights of sublime mountains, which stretch toward the sky like tremendous fonts. The fantastic effect of his purposeless, beautiful new world –conceived of so colorfully and without mixed emotion- profits from the fact that what we actually read as two-dimensional suddenly leaps into three-dimensionality, as well as from the fact that what we just understood to be spatial representation now tips into the representation of dimension. The more Giehler breaks free from the classical idea of spatiality in order to simulate pure, abstract spatial zones, the clearer it becomes that his main concern is the gleeful provocation of expanded vision without shores. Influenced by the cinema, it remains in constant movement, movement that has nothing to do with the tortoise pace of the flaneur but rather mutates to a gradual race with a static stillness. The person does not exist as a real appearance in these landscapes and spaces, whose complexity seems to be irreducible. But as the idea of a new type of person, whom with the help of modern wings a la Hollywood, is able to permeate the space which has sprung from his fantastic thoughts.

 

It is no coincidence that the most recent works pay homage to Godard’s film “Alphaville”, in which man is pitted against computer. The artist avoids the threatening subjugation by literally not allowing his medium to be removed from his hand. The aura of the painted is just as present as the aversion to the complete simulation, as it removes the freedom – which Torben Giehler wants to impart as feeling – from the observer. It is important to him that the transition between simulated and real world remains comprehensible. He appears to want to force this experience.

 

Translated from German by Dayna Stefanidis

 

 

 

Gegen die Monotonisierung der Welt 

Heinz-Norbert Jocks

 

Sein Studio in New York hat man sich nicht so clean und proper vorzustellen, wie seine exakt anmutenden Bilder es auf den ersten Blick vermuten lassen. Als obsessiver Maler, der geradezu orgiastisch in Farbgewässern taucht, weil er da einer exzessiven Lust an Formen nachgeht, die uns zu langen Reisen quer durch  virtuelle Welten von unermesslichen Dimensionen verführen, sieht sich Torben Giehler mehr auf der Seite der Abstrakten Expressionisten als da zuhause, wo Farben pingelig nach Tönen und Pinsel nach ihrer Feinheit oder Dicke sortiert werden. Alles bei ihm verweist auf eine von Handarbeit ausgehende Malerei, die zwar teils am Computer geplant und ausgetüftelt, letztlich aber nicht von ihm ausgeführt oder perfektioniert wird. Diese Peinture, die alles, was sie evoziert, einer gepixelten Ästhetik unterwirft, als unterhalte sie eine besondere Nähe zur  Science Fiktion wie zu dem, was es noch nicht gibt, wirkt denn auch alles andere als flächig. Dank des Einsatzes von  Acrylfarben, die es erlauben, mehrere Schichten so übereinander zu legen, dass die unteren erahnbar bleiben, ist da eine das Sinnliche unterstreichende Transparenz wirksam, die ein zusätzliches Gefühl von Tiefe erzeugt.

 

Angesichts dessen, was sich da vor unseren Augen mal horizontal, mal vertikal oder labyrinthisch erstreckt,  scheint es kein Zufall zu sein, dass sich dieser Maler just in der Metropole niedergelassen hat, die Piet Mondrian geradezu als Vision eines himmlischen Jerusalems erschien. Für ihn war  New York als Produkt naturfeindlicher Künstlichkeit wirklich die erträumte Weltstadt, in der sich das Schöne mathematischer ausdrückt und in der sich deshalb auch das künftige künstlerische Temperament entwickelt.  Mit Mondrian verbindet Giehler neben dem Willen, die Gegenständlichkeit der Motive  mit geometrischen Formen einzukreisen und ins Abstrakte zu überführen, auch das verzweifelte Infragestellen des Prinzips Reduktion, wie es sich am besten in dem oft übermalten, dem letzten und unvollendeten Bild  „Victory Boogy Woogie“ (1944) niederschlägt. Die pulsierende Unruhe, die da auftaucht, hat nichts mehr mit der entschiedenen, nun durch ein Zuviel an Formen zerrissenen Symmetrie des klassischen Mondrian zu tun. Das Auge erfährt da aufgrund der Aufteilung in Patterns einen Grad der Verwirrung, der das Sehen auf die Probe stellt. Und genau da, wo Mondrian aufgehört hat, setzt die Kunst der permanenten Raumerfindung und Raumeroberung aus dem Geist eines Künstlers  ein, der in einer von Cyberspace, Computerspielen und von dem unhintergehbaren Drang ins Virtuelle geprägten Welt aufwuchs, in der das Reale und das Simulierte sich mehr und mehr praktisch bis zur totalen Ununterscheidbarkeit vermischen.   

 

 Als wolle er zeigen, dass eine Geometrisierung der Welt nicht zwangsläufig in deren Monotonisierung ausartet, zog es ihn von prairiehaften, durch Rasterstrukturen aufgebauten, von  Farbnetzen überzogenen Weiten mit aus Farbstreifen gebildeten Horizonten in die schwindelerregenden Höhen erhabener Berge, die wie gewaltige Fontänen in den Himmel stoßen. Die phantastische Wirkung seiner ziellosen Schönen Neuen Welt, die er da farbenfroh und ohne gemischte Gefühle konzipierte, profitiert davon, dass das, was wir eben noch als Fläche gelesen haben, urplötzlich in Räumlichkeit umspringt, sowie davon, dass das, was wir eben noch als Raumdarstellung erfasst haben, von  jetzt auf gleich in Flächendarstellung umkippt. Je mehr Giehler sich von der klassischen Raumvorstellung losreißt, um  reine abstrakte Raumzonen zu simulieren, um so deutlicher wird, dass es ihm um das fröhliche Provozieren eines erweiterten Sehens ohne Ufer geht. Vom Kino beeinflusst, bleibt es in ständiger Bewegung. Ja, es handelt sich dabei um eine Bewegung, die nichts mehr von der Schildkrötenlangsamkeit eines Flaneurs hat. Vielmehr mutiert sie zu einem gleitenden Rasen im Stillstand. In diesen Landschaften und Räumen, deren Komplexität unreduzierbar zu sein scheint, kommt der Mensch zwar als reale Erscheinung nicht vor. Aber als Idee von einem neuen Menschen, der sich mit Hilfe modernster Flugprothesen à la Hollywood die seinem fantasierenden Gehirn entsprungenen Räume passiert. Verkörpert von uns, die im Stehen durch die Bilder reisen.   

 

Es ist wohl kein Zufall, dass die jüngsten Arbeiten dem Film „Alphaville“ von Godard gehuldigt sind, in dem der Mensch  gegen Computer kämpft. Der drohenden Unterwerfung beugt der Künstler dadurch vor, dass er sich das Malen  buchstäblich nicht aus der Hand nehmen lässt. Dabei ist die Aura des Handgemalten da doch ebenso präsent wie die Aversion gegenüber einer totalen Simulation, weil sie dem Betrachter die Freiheit nimmt, die Torben Giehler uns als Gefühl vermitteln will.Ihm ist es wichtig, dass der Übergang zwischen simulierter und noch realer Welt nachvollziehbar bleibt. Diese Erfahrung scheint er forcieren zu wollen.

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